Drei Jahre mit dem Slowakischen

Dez 5, 2024 | Interviews | DE

Habt ihr euch schon mal gewundert, wie es ist, Slowakisch zu lernen? Und warum würde jemand eine so kleine Sprache überhaupt lernen, die nicht einmal auf Duolingo ist? Meine Schülerin Sara hat sich wegen ihrem Mann auf diese Reise begeben, und in diesem Interview blicken wir auf die letzten drei Jahre zurück, in denen sie Slowakisch gelernt hat. Sie spricht darüber, was sie begeistert hat, was sie frustriert hat und wie sie zum Beispiel überrascht war, wie viele Wörter wir haben, um das Wort “Stehlen” zu beschreiben.

Also, wer bist du und was hat dich dazu gebracht, Slowakisch zu lernen?

Mein Name ist Sara, ich komme aus Spanien und arbeite als Lehrerin für Spanisch und an einer Grundschule. Ich habe begonnen, Slowakisch zu lernen, weil mein (inzwischen) Ehemann Slowake ist. Ich wollte mehr über seine Sprache erfahren und in der Lage sein, mit seiner Familie zu sprechen, wenn wir die Slowakei besuchen.

Und in welcher Sprache verständigt ihr euch im Alltag?

Normalerweise unterhalten wir uns auf Englisch, aber seitdem er Spanisch gelernt hat, sprechen wir auch oft Spanisch, wobei wir es ab und zu auch mit dem Slowakischen versuchen.

Was meinst du mit Versuchen?

Wenn ich ihn zum Beispiel um etwas bitten möchte, frage ich ihn manchmal auf Slowakisch. Oder wenn wir die Straße entlanggehen und etwas sehen, versuche ich, etwas auf Slowakisch zu sagen, und er antwortet mir auf Slowakisch, bis es schwierig wird. Dann müssen wir wechseln.

Wenn wir die Slowakei besuchen, wird die Kommunikation mit der Familie immer besser, aber ich glaube, sie sind sich nicht bewusst, dass ich mich verbessere. Deshalb denken sie oft, dass ich sie nicht verstehe, aber ich verstehe sie sehr wohl. Sie denken, dass es vielleicht lästig für mich ist, Slowakisch zu sprechen, deshalb geben sie mir manchmal keine Gelegenheit dazu. Trotzdem versuche ich es, Schritt für Schritt.

Warum verlasst ihr euch nicht nur auf Englisch?

Nun, die Familie meines Mannes spricht kein Englisch. Auch in der Gegend, aus der er kommt, gibt es viele Menschen, von denen die meisten kein Englisch sprechen können. Ich möchte also in der Lage sein, mit den Menschen zu kommunizieren, wenn ich dort bin, und mich nicht immer auf meinen Mann verlassen zu müssen.

Und jetzt zu der großen Frage: Wie hast du die Sprache gelernt oder wie lernst du sie jetzt? Magst du uns mitnehmen auf die Reise, wie du Slowakisch gelernt hast?

Zuerst fand ich einen Privatlehrer – dich (wink wink) – und kaufte das Buch Krížom Krážom. Ich begann mit Vokabeln und der Konjugation von Verben im Präsens. Von da an gab es mehr Lese- und Hörübungen, und ich gewann allmählich mehr Sicherheit im Umgang mit der Sprache. Ich konnte mir dann einige kurze Videos ansehen, im nächsten Schritt sind wir zu Filmen oder Serien und auch Podcasts übergegangen. Und immer mit dem Krížom Krážom, um das Lernen zu unterstützen.

Ich finde es gut, jemanden zu haben, mit dem ich mich regelmäßig unterhalten kann. So konzentrieren wir uns mehr auf das Ziel, kommunizieren zu können, und nicht darauf, Listen und Dinge zu lernen, die ich später vielleicht nicht anwenden kann.

Da es nur wenige Ressourcen gibt, um Slowakisch zu lernen, ist Krížom Krážom ein echter Klassiker. Wie gefällt dir das Buch?

Ganz gut, ich mag die Geschichte, die es mit den vier Figuren erzählt, und ich denke auch, dass es ziemlich abwechslungsreich ist, es hat ziemlich viele verschiedene Aktivitäten.

Kannst du uns mehr darüber erzählen, wie deine Anfänge waren? Als du angefangen hast, wie fandest du die Sprache? Ist es jetzt schwieriger oder leichter geworden, nachdem du sie so lange gelernt hast?

Am Anfang war es für mich schwierig, vor allem die Aussprache und das Schreiben, weil es Buchstaben oder Laute gibt, die sich völlig vom Spanischen unterscheiden. Schwierig war es, sie in meinem Kopf zu behalten. Ich glaube nicht, dass es mittlerweile schwieriger oder leichter geworden ist. Nur die Herausforderungen, die man bewältigen muss, um weiterzukommen, sind jetzt anders: Im Moment scheint die Aussprache nicht mehr so schwierig zu sein, die Art zu schreiben hat sich ebenfalls erleichtert, es gibt jedoch auch andere Facetten der Sprache, die knifflig sind.

Welche Aspekte sind es denn?

Präpositionen und Deklinationen.

Sogar der verbale Aspekt scheint im Vergleich zu diesen nicht so schwierig zu sein?

Nein, denn sobald man weiß, wie Verben konjugiert werden, woran wir am Anfang viel gearbeitet haben,wird es leichter. Ich muss nicht mehr darüber nachdenken, wie man ein neues Verb konjugiert, sondern mein Kopf macht das unbewusst.

Vor drei Jahren hast du bei Null angefangen. Erzähl uns etwas mehr über dein aktuelles Niveau. Bist du nach der Zeit, die du darauf verwendet hast, zufrieden damit?

Ich befinde mich derzeit auf dem Niveau B1 und denke, dass es für mein Ziel ausreichend ist, bei der einen Stunde, die wir jede Woche zusammen verbringen. Wenn man natürlich Slowakisch lernen will, zum Beispiel, um dorthin zu ziehen, braucht man mehr Zeit. Aber da ich in Spanien lebe, ist das nicht mein Fall.

Als dein Lehrer bin ich sehr stolz darauf , dass unsere gemeinsame Arbeit dazu geführt hat, dass du die B1-Prüfung bestanden hast. Warst du von dem Ergebnis überrascht oder hast du sogar etwas noch Besseres erwartet?

Beim ersten Mal, als ich die Prüfung sah, dachte ich so: „Boah, das ist aber schwierig, das schaffe ich nie. Aber dann habe ich sie nach und nach beantwortet, und natürlich gab es einige Übungen, die schwieriger waren als andere. Inzwischen glaube ich, dass man sich des eigenen Sprachniveaus nicht bewusst ist, bis man es unter Beweis stellen muss.

Wie kommst du jetzt mit dem Slowakischen zurecht? Würdest du sagen, dass deine Beziehung damit eine Hassliebe ist oder eher eine brennende Leidenschaft?

Ehrlich gesagt, gefällt sie mir. Unter der Woche mache ich gerne meine Hausaufgaben, auch wenn das vielleicht seltsam klingt. Ich merke, wenn ich weniger Zeit habe, lerne ich vielleicht etwas langsamer, aber ich bin zufrieden. Ich sehe es nicht als Hassliebe, abgesehen von den Deklinationen, mit denen ich mich schwer tue, aber ich lerne gerne Slowakisch. Jetzt, wo ich es besser verstehe, gefällt es mir, wie es gesprochen wird, obwohl die Aussprache manchmal noch etwas schwierig ist. Aber sie ist nicht so schwierig wie in anderen Sprachen, und der Satzbau ist auch in Ordnung.

Wie ist Slowakisch im Vergleich zu anderen Sprachen, die du gelernt hast?

Im Vergleich zum Englischen ist es meiner Meinung nach schwieriger, denn Englisch ist eine Sprache, die aufgrund ihrer grammatikalischen und syntaktischen Form recht einfach zu lernen ist. Wenn ich es zum Beispiel mit dem Niederländischen vergleiche, gibt es glaube ich nicht so viele Unterschiede zwischen den beiden Sprachen. Wenn man die anfänglichen Schwierigkeiten mit der Aussprache überwunden hat, wird es einfacher.Die Sprache ist letztlich phonetisch: Man liest was man sieht und so wie es geschrieben ist, spricht man es aus.

Was fällt dir ein, wenn du das Slowakische mit deiner Muttersprache vergleichst? Ich habe zum Beispiel das Gefühl, dass wir im Vergleich zum Spanischen bei den Verben oft viel genauer werden.

Jetzt, wo du es erwähnst: Ich habe erst dann gemerkt, als ich angefangen habe, Slowakisch zu lernen, dass wir im Spanischen, auch wenn es Ausnahmen gibt, vielleicht ein Wort für mehrere Dinge benutzen, und im Slowakischen war ich zum Beispiel sehr überrascht, wenn wir über Diebstahl sprechen. Ihr habt gefühlt 50 Wörter für Diebstahl, je nachdem, wo man stiehlt oder wie man stiehlt?
Im Spanischen nicht, denn wir benutzen ein, vielleicht zwei, wir sind da nicht so spezifisch. Und was mich am meisten überrascht, sind die Deklinationen, immer.
Dinge, denen ich bei Online-Unterricht bis jetzt begegnet bin.<br />

Du hast die Slowakei schon einige Male besucht. Gab es etwas, das dich überrascht hat? Fühltest du dich beim ersten und bei den folgenden Malen gut sprachlich vorbereitet?

Ich erinnere mich, dass ich bei meinem ersten Besuch das Gefühl hatte, in einer anderen Welt zu sein, weil ich nichts verstand. Ich konnte nicht unterscheiden, wo ein Wort begann und wo es endete, wenn die Leute redeten. Ich konnte nur Geräusche bzw. Klänge hören, aber ich wusste nicht, welche Wörter sie bildeten, ob sie zwei Wörter sagten oder ob es tatsächlich zehn waren.

Außerdem war es Dezember und das Wetter war ganz anders, als ich es gewohnt war. Aber vielleicht ist das eher eine kulturelle Angelegenheit. Ich will damit nicht sagen, dass die Slowaken kalt sind, aber zuerst schien es mir, dass sie ernster sind, beim Sprechen… ohne zu lächeln oder ihre Hände viel zu benutzen, oder Gesten und so weiter. Jetzt verstehe ich, dass die Menschen vielleicht weniger ausdrucksstark sind, was nicht besser oder schlechter ist, sondern einfach anders.

Apropos kulturelle Unterschiede: Wir alle kennen die Klischees von entspannten Mittelmeerländern und kalten Osteuropäern. Kannst du nach langjährigem Kontakt mit Land und Leuten sagen, dass diese Klischees wahr sind, oder haben sie sich als oder haben sich als falsch herausgestellt?

Ich weiß, was man über ost- oder nordeuropäische Länder sagt, aber ich glaube nicht, dass ihr so kalt seid. Die Menschen in der Slowakei waren immer gastfreundlich und nett zu mir. Was mich auch positiv überrascht hat, war das Essen – nicht, dass ich wählerisch wäre, aber ich mag es sehr. Vianočka mit Granko ist einfach am besten!

Du hast bereits einen beträchtlichen Teil deines Lebens mit einem Slowaken verbracht. Gibt es etwas, das du an unserem Volk gerne ändern würdest?

Eine Sache, die ich gerne ändern würde, ist, dass sich die Slowaken nicht so viel beschweren. Ich denke, die Leute wissen zu wenig zu schätzen, im Allgemeinen ist alles schlecht, alles ist irgendwie pessimistisch, und ich sehe das nicht so. Natürlich, vielleicht hat das Land im Allgemeinen Probleme, oder vielleicht gibt es viele Slowaken, denen es aufgrund persönlicher Situationen schlecht geht, aber es gibt manchmal zu viele Beschwerden, Pessimismus, Neid. Von außen höre ich die Klagen, aber wenn man dann in der Slowakei ist, denke ich, dass sie viele gute Dinge hat. Das Dorf, aus dem mein Mann stammt, ist sehr ruhig, und das Land im Allgemeinen finde ich wunderschön, soweit ich es sehen konnte.

Wenn wir nochmal zum Thema Slowakisch lernen zurückkommen: Was hat dir bisher am meisten geholfen oder hilft dir am meisten?

Auf jeden Fall das Zuhören. Die Aufnahmen im Buch helfen einem natürlich am Anfang, aber ein großer Schritt war für mich, als wir anfingen, Peppa Pig auf Slowakisch zu sehen. Die Sprache im Lehrbuch wird letztendlich gefiltert, also hat mir das Anschauen der Videos geholfen, ein wirkliches Bewusstsein für den Gebrauch der Alltagssprache zu entwickeln.

Dinge, denen ich bei Online-Unterricht bis jetzt begegnet bin.<br />

Ehrlich gesagt hat keiner meiner Schüler jetzt Peppa Pig gefeiert und du schienst auch nicht so begeistert zu sein. Sag uns, was ist wirklich dein liebster slowakischer Lerninhalt?

Was die Videos angeht, mir hat der Übergang von Krížom Krážom zu Peppa Pig sehr gut gefallen, weil es sich nicht mehr um Material für Ausländer handelt, sondern für Slowaken, auch wenn es Kinder sind. Vielleicht ist es vom Inhalt her nicht das Interessanteste, aber ein guter Einstieg in die Sprache. Als wir dann zu Filmen und Serien übergegangen sind, hat mich das sehr motiviert, denn auch wenn man nicht alles zu 100 % versteht, kann man einem Film genauso folgen wie ein Muttersprachler. Dank dir habe ich einige Disney-Filme gesehen, die ich noch nie auf Spanisch gesehen hatte, z. B. gefiel mir Ralph reichts sehr gut. Ich erinnere mich, dass du mir einmal ein Lied von Majk Spirit empfohlen hast, das ich danach die ganze Woche über gesungen habe. Ich finde es toll, wenn man versucht, auch die Kultur oder Dinge, die mit dem Land zu tun haben, zu entdecken, denn so lernt man auch die Sprache.

Jetzt höre ich sehr gerne Podcasts, auch wenn sie schwierig sind. Wenn ich im Sommer in die Slowakei in den Urlaub fahre, sitzen wir im Garten und hören Rádio Express, das dem Sender, den wir jetzt hören, sehr ähnlich ist. Wenn ich das nächste Mal in die Slowakei fahre, werde ich wohl aufmerksamer sein, was sie bei Rádio Express sagen.

Hast du irgendwelche Ziele für die Zukunft, was die Sprache oder das Land betrifft? Etwas, das du gerne ausprobieren, erreichen oder besuchen möchtest?

Ich möchte mich allgemein verbessern und die Sprache besser lernen, damit ich mich leichter verständigen kann. Jetzt kann ich mich zwar verständigen, aber es gibt Zeiten, in denen ich nicht weiterkomme und nicht so viel sprechen kann. Ich habe nicht wirklich eine Reiseliste, vielleicht würde ich gerne etwas mehr von der Westslowakei sehen, weil ich bisher mehr in den Osten rumgereist bin, wo mein Mann herkommt.

Letzte Frage: Was würdest du jemandem empfehlen, der Slowakisch lernen möchte?

Man muss Geduld mitbringen , vor allem am Anfang. Es kommt natürlich darauf an, was eure Muttersprache ist. Für einen Spanier zum Beispiel ist es ein ziemlicher Schock, wenn man nicht gewohnt ist, Dinge auf Slowakisch zu hören, zu lesen oder zu sehen. Ich nehme an, dass es für einen Spanier, der in der Slowakei lebt, anders sein wird. Aber ich habe die Sprache von Spanien aus gelernt. Haben Sie also am Anfang etwas Geduld, denn es erscheint alles ein bisschen seltsam, aber irgendwann macht es mehr und mehr Sinn.

Filip

Student, Sprachennerd, Expat

Ich helfe Lernenden und Tutoren das Beste aus ihrem Einzelunterricht rauszuholen.